Zur Einladungspolitik auf unsere Vorabenddemonstration zum Internationalen Frauen*kampftag
Zum ersten Mal wird es heuer in Wien am 7. März eine linksradikale Vorabenddemonstration – zusätzlich zur „klassischen“ Frauen*Mädchen*Lesben*-Demonstration am 8. März geben. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, diese Demonstration offen für all gender abzuhalten. Dass es sich dabei nicht um eine „Konkurrenzveranstaltung“ zur alljährlichen 8. März-Demo handelt, sollte schon daran erkennbar sein, dass sie auf den Vorabend gelegt wurde, sei hier aber noch einmal festgehalten. Außerdem ist dies kein Versuch, die Schaffung von FLIT*-Räumen oder die Bewegung anderer von bürgerlicher Ideologie und deren handfesten Folgen negativ-Betroffener zu delegitimieren. Wir wollen hiermit nicht den emanzipatorischen Gehalt strategisch-essenzialistischer Organisierung generell in Frage stellen. Vielmehr verstehen wir unsere Demonstration als kritische Ergänzung zu den Protesten der letzten Jahre. Die „traditionelle“ 8. März-Demonstration in Wien steht nach wie vor nicht allen FLIT*-Personen, sondern explizit nur cis-Frauen offen und reproduziert damit gesellschaftliche Ausschlussmechanismen und kommt über das Konstrukt der Zweigeschlechtlichkeit nicht hinaus. Das war einer der Gründe, zusätzlich zu Podiumsdiskussion und Vortrag im Rahmen der Kampagne zum internationalen Frauen*kampftag auch eine eigene Demonstration zu organisieren.
Unsere Intention ist es, einen kämpferischen linksradikalen Ausdruck zu schaffen, der allen Personen, die sich als feministisch begreifen, offen steht, um gemeinsam unsere Kritik an den patriarchalen, kapitalistischen Zuständen auf die Straße zu tragen. Uns ist bewusst, das eine eigene FLIT* Demonstration sowohl die Sichtbarkeit von engagierten FLIT* Personen erhöht als auch eine positive, bestärkende Wirkung nach Innen entfalten kann. Dieser Einsicht versuchen wir gerecht zu werden, indem wir einen FLIT*-Block organisieren, der die Demo am 7.März anführen wird. Der Kampf gegen das Patriarchat ist aus unserer Perspektive nicht ohne der Überwindung des Kapitalismus zu gewinnen. Es ist kein Kampf, aus dem sich cis-Männer komplett herausnehmen können oder sollen – nicht am 8. März und vor allem auch nicht an jedem einzelnen anderen Tag des Jahres. Emanzipation geht uns alle an, weswegen wir unter verschiedensten Vorzeichen und gesellschaftlichen Positionierungen auf der Grundlage des gemeinsamen Projekts der befreiten Gesellschaft gemeinsam auf die Straße gehen wollen. Antifeministische, rassistische und kapitalistische Ideologien sind miteinander verwoben und bauen wechselseitig aufeinander auf. So wollen wir auch die Kämpfe gegen diese Ideologien und ihre Manifestationen vernetzt und kollektiv führen – selbstverständlich im Bewusstsein, dass Sexismen und gesellschaftliche Ausschluss- und Unterdrückungsmechanismen nicht vor der eigenen Bewegung halt machen. Wir wollen feministische Kämpfe nicht allein auf FLIT*-Personen ruhen sehen. Demonstrationen sind Ausdruck und Statement, aber bedeuten auch immer einiges an Arbeit. Arbeit, die nicht nur FLIT*-Personen zufallen soll, sondern die wir unter allen Genoss*innen – einschließlich cis-Männern – aufteilen wollen. So unterschiedlich wir in unserem Alltag mit den herrschenden Verhältnissen auch konfrontiert sind: feministische Kämpfe gehen uns alle an: als Linksradikale, als Kommunist*innen als Personen mit dem Ziel der befreiten Gesellschaft.
Die Kampagne zum 8. März soll grundlegende Fragen nach den Zielen und Strategien emanzipatorischer Politik wieder aufs Tapet und in die Debatte bringen, die Demonstration ist hierfür der öffentlichste Ausdruck. Abschließend möchten wir einmal mehr dazu einladen, sich an den Diskussionsprozessen und Veranstaltungen zu beteiligen. Sei es im Rahmen des Vortrags zur Kritik feministischer Identitätspolitik, der Podiumsdiskussion zum Stand feministischer Kämpfe, der Demonstration oder gerne auch mit Statements auf anderem Wege. Auf eine spannende Debatte, für eine feministische Zukunft!